
20. Juni 1913.
Aus Fachvereinen. Stahl und Eisen. 1071
I. Dio chemischen Eigenschaften sind:
1. dic chctniseho Zusammensetzung und zwar:
a) dio Anwosonhoit solcher Elomentc in gceigneten
Mengen, dio bestimm te Eigenschaften im Gc-
folge haben,
b) die Abwcscnheit solcher Elemente, welche dio
Eigenschaften des Stahls beeintriichtigen, wio P,
S, Cu, As;
2. die A rt und Weiso, wie diese einzelnen chemischen
Elemente m it dem Eisen verbunden bzw. darin
aufgelost sind,
3. dio Ereihcit von aufgelosten oder eingcschlossenen
Gasen,
4. dio Ereihcit von Oxydon, also gute Dcsoxydation,
5. die Vcrmeidung von Seigerungen.
II. Physikalisch wichtig sind:
1. dio gleichmiifiigo Vertcilung der Grundstoffc in der
ganzon Masso,
2. dio Atomkonzontration, d. h. die A rt und Woise, in
der dio Idoinsten Teile zu K ristallcn oder Kristall-
gruppon m iteinander vereinigt sind,
3. die KomgróBo der Kristallo und dam it zusammen-
hiingend das Verhiiltnis der unerfullten Riiumo.
Der Vortragendo bomerkt, es soi wiinschcnswert,
auf oin moglichst fcin kristallinisches Gefiige hinzu-
arbeiten, wobei er dio Tliallnersche Theorie* erwahnt,
ohne nalier darauf oinzugohen, ob dieso Lehre von der
Einwirkung der Atom konzentration tatsachlich richtig
ist; er weist dann darauf hin, daB Stahl, der nach Thall-
ners Theorie m it langsam bis zu den hochsten Tompo-
raturen gesteigerter Wiirniezufuhr ausgeschmolzen wurde,
immer einen wesentlich gilnstigeren Gefiigcaufbau aufwies
ais solcher, bei dem diese Regel nicht beachtet wurdo.
Des weiteren behandelt der Vortragendo dio Frage, ob
der Kohlenstoff in elementarer Form an das Eison heran-
gefiihrt wird und sich dann erst m it den Eisenatomen
zu Eisenkarbid yerbinden muB, oder ob schon im Aus-
gangsrtoff dos Stahlschm ekyorgangs das fertigo K arbid
yorhanden ist; im letzteren Fali wiirde dio Kristallisation
unter wesentlich gilnstigeren Bedingungen erfolgen,
ais wenn erst noch chemischo Arbeit zur Bildung des
Eisenkarbids geloistet werden muB. Dann wiirde infolge-
dessen eino wesentlich bessero Qualitat erzeugt werdon
konnen ais im ersteren Falle. Dabei orinnert der Vor-
tragende an den Unterschied in den Eigenschaften einer
Stahlchargo aus dem Martinofen, jo nachdem man beim
Herunterfrischen bei dom gewiinschten Kohlenstoffgehalt
„abfangt“ odor bi3 zur vólligon Woichheit frischt und
dann wieder aufkohlt. Es miisso dahin gostrebt werden,
dem Stalli den Kohlenstoff moglichst schon in der
Form von fertigem Eisenkarbid zuzufuhren; wenn das
betreffendo Verfahren das Ausgohen von Karbid des
Roheisens nioht zulaBt, so wird os imm er von Vorteil
sein, wenn wahrend des Feinprozesses durch irgendwelche
chemischo Reaktionen der elem entare K ohlenstoff in
K arbid yerwandelt werden kann. Aehnlich liegen dio
Vcrhiiltnisse beim Silizium; es liegt keine Legicrung des
Eisens mit Silizium, sondern m it Eisensilizid vor. Das
Mangan diirfte auoh haux>tsachlich ais Mangankarbid
vertreten sein. Auch Phosphor, Schwefel, Arsen, Kupfer
treton nicht elementar auf, sondom ais Eisenphosphid,
Eisensulfid, Arsensulfid und Kupfersulfid, dio zwischen
den Ferrit- oder Perlitkristallen eingelagert, manchmal
auch wio das Eisenphosphid in der Eisengrundm asso auf-
gelóst sind. Diese Fromdkorperkristalle storen die Kohii-
sionskraft zwischen Eisen- bzw. Eisenkarbidkristallen und
begrilnden dio groBo Beeintrachtigung de3 Stahls bei ver-
haltnismiiBig geringem Gehalt an Frem dkórpern.
Aehnlich wirken auch dio eingeschlossenen Gase und
Schlacken. Erstero bestehen hauptsachlich aus Wasser-
stoff und Stickstoff, wahrend Kohlenoxyd nur in geringen
Mengen au ftritt. Der Yortragendo gibt nun Mittel an, dio
Gase auszutreiben, um dann zu zeigon, wio es moglich
ist, bei den yerschiedenen Stahlerzeugungsverfahren dio
*~Vgl. St. u. E. 1910, 3. Aug., S. 1348.
Elemente im gunstigen Sinne zu bceinflusson, welche
auf eine gute Qualitiit des Stahles hinwirken, wobei er
den Kleinkonverter, don M artinofen, den Tiegel und den
Elektroofen behandolt.
E r erortort hiorauf dio wirtschaftliche Seito und woist
darauf hin, daB der Eloktroofen die Moglichkeit biete,
einon dem Tiegolstahl gleiehwcrtigcn Stahl unter giin-
stigeren Bedingungen zu erzeugen. Boi Anwendung des-
selben zu GieBzweckon fragt es sich, ob fur bestimmte
StahlformguBstueko Qualitiitsfordcrungen gestellt werden,
die einorsoits im gowohnlichen Ofen nicht erreicht werden
konnon und anderseits auch entsprechend hoho Preiso
erzielon; dann ist dor Eloktroofen yortoilhaft, auch wenn
or nicht so billig arboitet wie z. B. der Martinofen. Ander-
soits fragt es sich, ob nicht auch fiir gewohnlichc Quali-
tiiten der orstoro ebenso billig arbeiten kann wie der
Ietztero; in diesem Fallo wiiro dem Elektroofon fraglos
der Vorzug zu geben. Boi einem Vergleich der Selbst
kosten des einen und anderen Verfahrens errcchnet der
Yortragendo fiir einen 3-t-Heroult-Ofen 110 Ji, fiir einen
lO-t-Ofon 104 Jl Selbstkosten f. d. t. Es wird demnach
bei kleinen Anlagen dor Elektrostahl nicht teurer ais z. B.
M artinstahl. Am 1. Mai 1913 waren insgesamt auf der
ganzen Erdo 42 Ilćroult-Oofen im Betrieb und 20 im Bau;
yon den 42 im Betriebe stehenden waren 8 ausschlioBlicli
und 5 nicht ausschlieBlich zur Herstellung yon StahlguB
bestimm t.
Zum SchluB geht der Vortragonde auf die Erzeugung
schmiedbaren Gusses im Elektrostahlofen ein. Dio Er-
fahrung hat gezeigt, daB es ohno jede Schwierigkeit
moglich ist, GuBstucke yon 2 bis 3 mm Wandstiirke im
Dauerbetrieb in weicher FluBeisonqualitat aus dcm
Elektroofen zu yergieBcn. Diese konnen in wesentlich
besserer Q ualitat und meist auoh billigor hergestellt
werden ais durch das alte Tem peryerfahren
Ingenieur H u n g e r , Berlin, hielt einen Vortrag Uber
Rationelles Schmelzen und GieBen in der MetallgieBerei.
Einleitend bomerkt der Vortragendo, daB Schmelzen
und GioBcn in abhiingiger Beziehung zuoinander stchen.
Man miisso daher schon beim Schmelzen danach traehten,
dio Bedingungen zu schaffen, dio das Entstehen eines
GuBstiicks bestim m ter Eigenschaften ermoglichen. E r
geht dabei ausfiihrlich auf die Ueberhitzung des fliissigen
Metalls, dio Vermeidung der OxydbiIdungcn, die Ver-
meidung von Spannungen und Gasblasen in den GuB-
stiicken usw. oin, um im AnschluB daran dio Frago zu
bohandeln, weicher Ofen ais dor am lohnendsten arbeitondo
anzusprechcn sei. E r yerw irft alle dio Oefen, bei denen
dio schmelzendo Flamme dirokt auf das Schmelzgut
wirkt, wohingegen solche m it indirekter Feuerung, boi
denen dio schmelzendo Flam me den Tiegel um spiilt und
nioht in Beruhrung m it dem Schmelzgut kom mt, brauch-
baro Metallgiisso ergeben. Unterschiedo in der Qualitiit
des geschmolzenen Materials konnten dabei nicht fest
gestellt werden, gleichviel ob der Ofen m it Oel oder mit
Koks betrieben wurde. Die Vorteile des Oelofens, wie
Beąuemlichkeit der Bedionung und Saubcrkeit in der
Arbeit, sind nioht zu yerkennen; was aber dio wirtschaft-
liehe Seite anbelangt, so sind dio m odemen Kokswindofen
ihm m indestens gleichwertig.
Dor Elektroofen eignet sich nach der Ansicht des
Vortragenden besonders zum Kupferschmelzen, h a t aber
heute auf praktische Verwendbarkeit noch keinenAnspruch,
da die Schmelzkosten zu hoch sind (100 kg Metali be-
notigen zum Schmelzen etwa 30 KW). Zum SchluB wird
auf dio W irtschaftlichkeit des Schmelzens m it Spane-
briketts im Vorgloich zum Einschmelzen von losen Spiinen
eingegangen, sowie auf dio Moglichkeit, durch Briketts
die Q ualitatseigenschaften des Materials zu erhohen.
Ingenieur E. A. S c h o tt, W ittenberge, besprach
sodann die
Bedeutung des Kohlenstaubes in der GieBerei.
Ais K ohlenstaubarten kommen in der GieBerei
Stein- und Holzkohlenstaub in Frage. Bei beiden ist
Comentarios a estos manuales